Einssein
Für viele ist Yoga mit Flexibilität gebunden; man übt um gelenkiger zu werden, um einen "Gummi-Körper" der in die krassesten Haltungen gehen kann zu bekommen. Für andere ist es eine positive Einstellung gegenüber dem Leben; unerschütterlich durch das Om-Singen und ein durchgängiges Lächeln, denn es scheint so, als wären die Yogis und Yoginis (Yoga-Praktizierende) alle Zeit fröhlich und ausgeglichen. Und andere wiederum denken bei Yoga an Religion; Götteranbetung, meist wegen Praktiken wie das Mantra-Singen und die Meditation. Deshalb halten sie sich vor der Praxis eher zurück.
Tatsächlich hat Yoga aber wenig mit Religion zu tun, obwohl es auf gewisser Weise ihr ähnlich sein kann, denn wo die Religion den Gläubigen mit seinem Gott verbindet, strebt der Yoga-Praktizierende nach der Verbindung mit sich Selbst zuerst und dem Unendlichen als Resultat. Durch das stete Praktizieren erlangen die Übende den Zustand der Ausgeglichenheit, wie beschrieben in dem Yoga Sutra 1, 3: "Dann ruht der Wahrnehmende in Seiner wahren Natur."
Flexibilität bzw. Beweglichkeit und Leichtigkeit im Körper sind mehr "Nebenwirkungen", ein Bonus als Ziele, die zu erreichen sind, denn durch die Asana-Praxis ( Körperübungen) gewinnt der Praktizierende an Kraft und Konzentration.
Yoga versteht die Welt, den Kosmos als ein Ganzes wo alles seinen Platz hat, vom kleinsten Atom zur Größe des Universums, vom riesigen Wal zum winzigen Marienkäfer, vom Adler zur Maus, vom Baum zum Kraut, die Erde, der Himmel, die Sonne, der Mond, der Regen, der Wind, der Mensch, das Unendliche. Wir alle sind Eins.
Um an diese Erkenntnis zu gelangen und in dieser ruhen zu können praktizieren wir Yoga.
Wichtigkeit der Praxis
Es ist nicht immer selbstverständlich die persönliche Praxis zu pflegen. Manchmal sind wir Umständen ausgesetzt, die uns diese erschweren oder uns fehlt, aus welchem Grund auch immer die Motivation. Der Vergleich mit anderen kann auch eine Rolle spielen.
Jedoch auf die Yogamatte zu gehen, trotz der Hindernisse, wird den Unterschied machen. Auf die Matte zu stehen in Samastitih (die meditative Berghaltung), die Hände zusammen vor der Brust und einfach atmen. Das allein hat schon eine angenehme Wirkung auf das allgemeine Wohlbefinden. Wenn noch dazu einige Runden Surya Namaskara (Sonnengruß) geübt werden, freut sich der Körper besonders, denn durch die fließende Bewegungen und die bewusste Atmung wird er durchblutet und erfrischt.
"Diese Übung hat einen festen Fundament nur als eine lange Zeit, ohne Unterbrechung, achtsam und fleißig ausgeführte." YS. 1, 14
Auf die Regelmäßigkeit kommt es an und nicht auf die Intensität. Dabei ist es von weniger Relevanz ob es im Yogasaal geschieht, Zuhause oder sonst wo. Wie jede Disziplin wächst man durch das stete Üben, nicht umsonst heißt es "Übung macht den Meister."
Allerdings beschränkt sich nicht die Yoga-Praxis auf Asana (Körperübung), sondern das bewusste Leben ist das "Endgame"; achtsam mit sich selbst umgehen und achtsam mit der Welt. Das kontinuierliche Üben steigert das Konzentrationsvermögen, wodurch der Yogi in der Lage ist, innere Ordnung zu schaffen, die sich auch auf die materielle Ebene auswirkt.
Also praktizieren!
Mehr als Asana
Ein spiritueller Meister sagte einmal:
"Wenn der Körper gesund ist, haben wir einen Haufen Probleme. Wir machen uns Sorgen um dies und jenes, Geld, Haus, Familie etc... Wenn aber der Körper krank ist, dann haben wir nur ein Problem. Deshalb soll der Körper mit Hochachtung behandelt werden."
Der Körper ist unser treuer Begleiter auf der Lebensreise. Von Geburt an bis zum letzten Atemzug bewohnt unsere Seele den Körper, der uns das Leben auf der Erde ermöglicht. Daher ist es nur natürlich auf ihn zu achten, ihm wertvolle Nahrung zu geben, ihn zu pflegen, ihn sauber und stark zu halten, damit er seine Aufgabe gut erfüllen kann.
Asana (die Körper-Übung) ist die dritte Säule der Yoga-Praxis und somit ein wichtiger Bestandteil des Yogaweges neben Yama, Niyama, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi. Die erste Säule, Yama ist der Umgang mit der Welt. Yoga versteht die Welt als Eins und somit als Ausdruck des Höchsten Bewusstseins. Der Yoga-Praktizierende ehrt das Leben und die Schöpfung, er/sie übt Gewaltlosigkeit und Wahrhaftigkeit aus, lebt genügsam und friedlich.
Niyama ist der Umgang mit sich selbst; der Yogi achtet auf sich selbst, sowohl körperlich/ äußerlich als auch innerlich. Es wird darauf wertgelegt den Körper zu reinigen bzw. so rein wie möglich zu halten; durch eine maßvolle, gute und gesunde Ernährung, sowie Reinigungspraktiken wird des Körpers Immunsystem gestärkt. Für einen Yogi ist es wichtig, sich mit positiven, achtsamen Menschen zu umgeben – und sich von Umfeldern fernzuhalten, in denen Ignoranz, Respektlosigkeit, Suchtmittel, Spott oder Hass das Miteinander prägen.
Pranayama sind die Atemtechniken um den Fluss des Prana (die Lebensenergie) zu regulieren. Pratyahara bezeichnet den Ruckzug der Wahrnehmung nach innen. Gemeint ist das Zurückziehen der Sinne von der äußeren Welt. Ziel ist es die Aufmerksamkeit von äußeren Reizen abzuwenden und nach innen zu richten, um geistige Ruhe und Konzentration zu fördern, also eine Vorbereitung auf tiefere Meditation.
Dharana bedeutet Konzentration, Dhyana steht für die Meditation und Samadhi beschreibt den Zustand der Einheit, der komplette Verschmelzung. Es ist ein Zustand tiefer Meditation, in dem das Ego, die Gedanken und die Trennung zwischen "ich" und "Welt" verschwinden.
Die Asana-Praxis dient der Reinigung der Nadhis (feinstoffliche Energiekanäle im Körper). Asanas haben allerdings laut yogischer Lehre nicht nur körperliche, sondern auch energetische Wirkungen. Sie sollen helfen, die sog. Nadhis zu reinigen, um den Energiefluss zu verbessern. Dadurch wird der Yogi auf die weitere Stufen des Yogaweges vorbereitet.
Die Praxis bereitet den Übende auf die nächste Stufen im Yoga vor, wie z.B: Pranayama, Meditation usw. Also, sprechen wir hier nicht über Fitness, sondern über eine ganzheitliche Übung. Yoga-Asanas sind mehr als Gymnastik; sie gehören zu einem umfassenden spirituellen Weg.
Abschließend, in der Yogatradition, steht die geistige oder gesundheitliche Entwicklung im Mittelpunkt und nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit. Einen starken und gesunden Körper zu pflegen ist dementsprechend hilfreich, um eine wirksame Yoga-Praxis zu haben. Doch Yoga umfasst, wie wir oben gesehen haben, mehr als nur Körperübungen.